Jahrelang stockte der Ausbau der Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern städtischer Gebäude. Mal sah Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) den roten Koalitionspartner als Schuldigen, denn dessen Finanzsenatoren sind für die städtischen Gebäude zuständig, mal gab die SPD, in Person von Finanzsenator Andreas Dressel die Kritik zurück an Kerstan, denn dem ist das stadteigene Start-up Hamburg Energie Solar unterstellt. Jetzt scheint es jedoch mit dem Ausbau der Sonnenergie auf städtischen Dächern voranzugehen.
Am Mittwoch besuchte Kerstan den ebenfalls städtischen Badbetreiber Bäderland. Auf dessen Bad im Stadtteil Bramfeld arbeitete seit einigen Wochen eine PV-Anlage. Bei zwei weiteren Bäderland-Schwimmbädern sollen noch in diesem Winter die Solar-Anlagen in Betrieb gehen, drei weitere Projekte sind in der konkreten Vorbereitung.
Der Ausbau der städtischen Gebäude und Liegenschaften mit PV-Anlagen sei ein wichtiger Baustein, um die Energiewende weiter voranzutreiben, hieß es am Mittwoch beim Besuch. Eingesetzt wird der Strom direkt in den Bädern. Die Ausstattung von Schwimmbaddächern sei ein wichtiger Baustein den Hamburger Klimaplan umzusetzen.
Darin ist beschrieben, wie Hamburg den CO₂-Ausstoß bis 2030 um 70 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 senken und bis 2045 CO₂-neutral werden will. Schon ab kommendem Jahr ist damit neben Neubauten auch für Bestandsbauten im Falle von Dachsanierungen die Installation von Solarpaneelen verpflichtend. Ab 2027 gilt sowohl für Neu- als auch Bestandsbauten eine Solargründachpflicht. In der vergangenen Woche hatte der Klimaplan sowie ein novelliertes Klimaschutzgesetz das Parlament in erster Lesung passiert. In der kommenden Woche sollen Plan und Gesetz endgültig beschlossen werden und am 1. Januar in Kraft treten.
Die Stadt verstehe die verschärften Klimaauflagen auch als Selbstverpflichtung, die eigenen Liegenschaften im Sinne der Energiewende zu ertüchtigen, hieß es am Mittwoch. „In Hamburg krempeln wir deshalb ordentlich die Ärmel hoch, um uns möglichst schnell von fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen“, sagte Kerstan. Bäderland gehe mit gutem Beispiel voran.
Die gut 640 Quadratmeter große Solaranlage auf dem Bäderland Bramfeld kann mit einer Leistung von über 136 Kilowattpeak Leistung über das Jahr gerechnet circa 111.000 Kilowattstunden Solarstrom erzeugen. Das spart jährlich 52.000 Kilogramm CO₂-Emissionen ein. Nahezu der gesamte erneuerbare Strom fließt direkt in den Badbetrieb ein. Die zwei weiteren Fotovoltaik-Anlagen auf den Schwimmbädern Bäderland Blankenese und Billstedt sollen noch in diesem Winter in Betrieb gehen und sind in einer vergleichbaren Größenordnung.
Bäderland beziehe schon seit 2010 ausschließlich klimaneutralen Strom an allen Standorten, erklärte Dirk Schumaier, Geschäftsführer des Bäderbetriebs. „Es ist aber umso schöner, nun sogar selbstproduzierten Strom direkt in unseren Bädern verwenden zu können.“ Leider eigneten sich nicht alle Standorte für die Solarstromproduktion. Aber man wolle die möglichen Kapazitäten so umfangreich und sinnvoll wie möglich nutzen, „um Hamburg im Rahmen unserer Möglichkeiten bei der Erreichung der Klimaziele zu unterstützen.“
Sandro Kappe, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, weigerte sich in die Jubelstimmung zur ersten PV-Anlage bei Bäderland einzustimmen. : „Damit verfügt eine von 31 Schwimmhallen in der Hansestadt über eine moderne PV-Anlage“, machte er deutlich. Schon bei seinem Amtsantritt 2015 habe Kerstan vom Ausbau der Solarenergie auf städtischen Dächern gesprochen. „Fast neun Jahre später sollen weitere Schwimmhallen nun endlich mit PV-Anlagen ausgestattet werden“, so Kappe, der den Finger noch weiter in die Wunde legt. Nur 211 von insgesamt 10.610 Gebäuden der Stadt und ihrer Unternehmen verfügten über Fotovoltaikanlagen – das sein gerade mal zwei Prozent. „Es bleibt die Frage bestehen: Wofür wird sich hier auf die Schulter geklopft?“